WC Vuokatti, Langlauf-Abschluss
Anja Wicker läuft allen davon
Die Stuttgarterin gewinnt das Massenstart-Rennen, nachdem sie tags zuvor vom Neuschnee ausgebremst worden war. Leonie Walter macht das halbe Dutzend an Medaillen voll.
Auf die Eiseskälte folgte der Schnee. Nach frostigen Temperaturen zwischen minus 15 und minus 21 Grad an den vorangegangenen Renntagen stiegen pünktlich zum Abschluss des Weltcup-Saisonauftakts im finnischen Vuokatti die Werte auf dem Thermometer. Doch mit dem ein wenig milderen Wetter kam der Schnee – und der wirbelte im wahrsten Wortsinn so einiges durcheinander.
Eine von mehreren Leidtragenden aus dem deutschen Team war Anja Wicker in der Klasse der sitzenden Frauen, die im Intervallstart-Rennen am Donnerstag über zehn Kilometer regelrecht zugeweht wurde. „Die Klassikspur, in der sie unterwegs war und auf die sie angewiesen ist, hat sich im Lauf des Rennens immer mehr aufgelöst“, berichtet der Bundestrainer Ralf Rombach. Wicker kämpfte sich durch, doch mehr als Platz vier hinter Yuxin Zhai (China), Kendall Gretsch (USA) und Shiyu Wang (China) war für sie nicht drin.
24 Stunden später im Massenstart sah es dann ganz anders aus. Zwar schneite es weiter, doch diesmal hielt die Spur. Und Wicker lief allen anderen davon. „Verrückt, dass das geklappt hat. Ich habe am Berg meine letzten Kräfte mobilisiert, um meinen Vorsprung zu halten“, sagte sie. Und der Vorsprung war am Ende gewaltig: Erst 1:09.2 Minuten nach ihr kam die Zweitplatzierte Yunji Kim (Korea) ins Ziel, Kendall Gretsch folgte eine weitere knappe halbe Minute später auf Rang drei.
Ein Dauerduell um Gold und Silber
Doppelsilber gab es am Donnerstag und Freitag für Leonie Walter (SC St. Peter, mit Guide Christian Krasman) in der Startklasse der Frauen mit Sehbeeinträchtigung, jeweils hinter der Chinesin Yue Wang, mit der sich Leonie Walter in Vuokatti einen packenden Zweikampf geliefert hatte. In allen sechs Rennen dieses Weltcups machten die Kontrahentinnen die Plätze eins und zwei unter sich aus, zweimal (im Biathlon-Einzelrennen und in der Biathlon-Sprint-Verfolgung) mit dem besseren Ende für Walter.
In den Wettbewerben über zehn Kilometer in der freien Technik hatte die 25-jährige Chinesin die Nase vorn. „Durch den Neuschnee waren es zwei harte Rennen“, berichtete Walter. „Ich habe im Massenstart versucht dranzubleiben, musste irgendwann aber abreißen lassen.“ Bronze ging im Intervall-Rennen an die Tschechin Simona Bubenickova, Platz vier an Johanna Recktenwald (Biathlon-Team Saarland, mit Guide Louisa Haag), die im Massenstart an der Seite von Nils Kolb als Ersatz-Begleitläufer Dritte wurde.
Aus dem Kreis der deutschen Männer sorgten Marco Maier (SV Kichzarten) als Elfter und Siebter bei den Männern stehend sowie Nico Messinger (Ring der Körperbehinderten Freiburg, mit Guide Robin Wunderle) als Siebter bzw. Fünfter bei den Männern mit Sehbeeinträchtigung für die besten Platzierungen. Ganz vorne konnten beide nicht angreifen. „Bei weichen Bedingungen haben Marco und Nico mit ihrem kraftvollen Stil wenig Chancen“, sagte der Bundestrainer Ralf Rombach.
„Das waren am Donnerstag nicht meine Bedingungen. Viel zu tief, viel zu langsam. Ich bin überhaupt nicht in Fahrt gekommen“, berichtete auch Maier. Am Freitag, seinem 25. Geburtstag, sah es etwas besser aus. „Leider hatte ich im Zielsprint keine Körner mehr.“ Die direkt vor ihm platzierten Serhii Romaniuk (Ukraine) und Cai Jiayun aus dem startklassenübergreifend dominierenden chinesischen Team musste er ziehen lassen. Insgesamt aber, das haben vor allem die Biathlon-Rennen gezeigt, stimmt die Laufform bei Maier.
Insgesamt fünf Siege in Finnland
Zwei mehr als ordentliche Top-10-Platzierungen bei den Männern mit Sehbeeinträchtigung gab es für Lennart Volkert (PSV München, mit Guide Florian Baumann). Der 21-Jährige aus Markt Schwaben wurde am Donnerstag Neunter und am Freitag Achter – und ließ sich dabei auch von mehreren Rückschlägen nicht aus der Bahn werfen: „Wir haben den Start leider verhauen und mussten uns zwei Runden lang durchs Feld kämpfen. Und als wir gerade wieder in einer guten Position waren, ist meine Stockschleife kaputt gegangen und ich habe meinen Stock verloren“, berichtete Volkert, der dennoch sagte: „Ich bin sehr happy mit den letzten beiden Rennen, weil ich im Skating zum Abschluss nochmal etwas zeigen konnte.“
Der Schwede Zebastian Modin gewann beide Rennen, der Weltcup-Debütant Theo Bold (WSV Isny) wurde mit seinem Bruder Jakob als Begleitläufer 14. bzw. Zwölfter.
Insgesamt stehen für die deutschen Mannschaft in Finnland fünf Siege zu Buche, je zwei durch Anja Wicker und Leonie Walter und einer durch Sebastian Marburger (SK Wunderthausen) im Langlauf-Sprint. Leonie Walter lief zudem viermal auf den zweiten Platz, Anja Wicker gewann drei Silbermedaillen. Dazu gab es viermal Bronze für Johanna Recktenwald, Silber für Marco Maier in der Biathlon-Sprint-Verfolgung und Bronze für Nico Messinger im Biathlon-Sprint. Die nächste Weltcup-Station ist Ende Januar Val di Fiemme in Italien. Es ist das mit Spannung erwartete Testevent für die Paralympics 2026.
Weitere deutsche Platzierungen in den abschließenden Zehn-Kilometer-Rennen:
Frauen sitzend: Andrea Eskau (USC Magdeburg) – Intervallstart: 11., Massenstart: 9., Merle Menje (StTV Singen) – Intervallstart: nicht gestartet, Massenstart: 12.
Männer stehend: Alexander Ehler (SV Kirchzarten) – Intervallstart: nicht gestartet, Massenstart: 14., Max Long (SV Kirchzarten) – Intervallstart: nicht gestartet, Massenstart: 26., Sebastian Marburger (SK Wunderthausen) – Intervallstart: 25., Massenstart: nicht gestartet, Maximilian Weidner (WSV-DJK Rastbüchl) – Intervallstart: 17., Massenstart: 16.
Foto: Vuokatti Sport