WC Vuokatti, Biathlon-Sprint (7,5 km)

Sturz und Stockbruch getrotzt

Team Deutschland überzeugt im ersten Saisonrennen mit vier Podiumsplätzen und weiteren guten Auftritten. Johanna Recktenwald wird zum Sinnbild für die gesamte Mannschaft.

Das Podium bei den Frauen mit Sehbeeinträchtigung unter anderem mit Leonie Walter und Johanna Recktenwald, Foto: Ralf Rombach

Aller Anfang ist schwer einzuschätzen – das ist eine immer wiederkehrende Erkenntnis für das Team um Bundestrainer Ralf Rombach. Wo stehe ich im Vergleich mit der Konkurrenz? Was waren die Mühen der Vorbereitung wert? Diese Fragen stellen sich alte Renn-Hasen genauso wie Weltcup-Neulinge oder wie die Coaches. „Es ist jedes Jahr aufs Neue spannend“, berichtet Rombach. Als sich die (An-)Spannung gelöst hatte, konnte er sagen: „Wir hatten einen guten bis sehr guten Einstieg.“

Für den sorgten im Biathlon-Sprint über 7,5 Kilometer primär Anja Wicker (MTV Stuttgart), Nico Messinger (Ring der Körperbehinderten Freiburg), Leonie Walter (SC St. Peter) und Johanna Recktenwald (Biathlon-Team Saarland) mit ihren Top-drei-Platzierungen. Anja Wicker landete zum Auftakt ihrer 16. Weltcup-Saison bei den Frauen sitzend auf Rang zwei hinter Kendall Gretsch aus den USA und vor Yunji Kim aus Südkorea. „Ich wusste überhaupt nicht, was ich erwarten soll. Die ersten beiden Runden waren wirklich gut, in der letzten sind mir die Körner an den letzten Metern der Anstiege abhandengekommen. Aber das ist im ersten Rennen zu verschmerzen“, sagte sie.

Kurz schmerzhaft war für sie ihr Fehler beim neunten und vorletzten Schuss des Tages, der sie in die Strafrunde schickte. „Ich habe wahrscheinlich eine Millisekunde zu früh abgedrückt.“ Allerdings wäre die eine Minute vor ihr ins Ziel kommende Gretsch auch ohne diesen Fehler nicht einzuholen gewesen. Die von Asthmabeschwerden geplagte zweite Deutsche, Andrea Eskau vom USC Magdeburg, landete auf Rang sieben.

Messinger teilt sich den dritten Platz

Fehlerlos am Schießstand blieb zu seiner großen Zufriedenheit Nico Messinger (mit Guide Robin Wunderle) bei den Männern mit Sehbeeinträchtigung. Weil auch ihm in der Schlussrunde ein wenig die Puste ausging, landete er einen Tag nach seinem 30. Geburtstag zeitgleich mit dem Franzosen Anthony Chalencon in 20:00.8 Minuten auf dem Bronze-Rang. Oleksandr Kazik (Ukraine, 19:41.7 Minuten, ein Schießfehler) gewann vor Shuang Yu (China, 19:51.2 Minuten, ein Fehler). „Anja und Nico haben das beide sehr gut gemacht“, lobte der Bundestrainer.

Bei den Frauen mit Sehbeeinträchtigung ging der Sieg an Yue Wang (China, 21:54.4 Minuten, ein Fehler) vor Leonie Walter (mit Guide Christian Krasman), die ebenfalls einmal in die Strafrunde musste und auf eine Zeit von 22:19.2 Minuten kam. Johanna Recktenwald blieb mit Ersatz-Guide Florian Baumann (für die erkrankte Louisa Haag) fehlerfrei und kam mit 23:22.7 Minuten ins Ziel. „Ich habe mich schon lange bei einem Rennen nicht mehr so konstant gut gefühlt“, gab die 23-Jährige zu Protokoll.

Zu erwarten gewesen war das nicht, angesichts einer längeren krankheitsbedingten Zwangspause in der unmittelbaren Saisonvorbereitung. Und auch das Rennen am Donnerstag lief nicht reibungslos. In der zweiten Runde stürzte Recktenwald, in der dritten brach einer ihrer Stöcke. „Das waren natürlich zwei Faktoren, die viel Zeit gekostet haben.“

Alexander Ehler überrascht sich selbst

Aufhalten ließ sich die Saarländerin von den Widrigkeiten nicht. Und tankte dadurch Selbstbewusstsein fürs Kommende – ähnlich wie Alexander Ehler (SV Kirchzarten) und Steffen Lehmker (WSV Clausthal-Zellerfeld) bei den Männern der stehenden Startklasse. Beide standen zuletzt hauptsächlich aus beruflichen Gründen selten bis gar nicht auf Skiern, beide zeigten eine angesichts dieser Umstände mehr als ordentliche Leistung. Ehler kam beim Sieg des Kanadiers Mark Arendz (19:15.5 Minuten, null Fehler) mit zwei Schießfehlern in 21:01.2 Minuten auf Platz acht. „Ich habe Schlimmes erwartet, weil ich auch noch zwei Wochen fieberkrank war. Läuferisch habe ich mich überrascht“, sagte er. Lehmker wurde in 21:04.4 Minuten Zehnter und leistete sich dabei einen Schießfehler. „Das ärgert mich, aber insgesamt bin ich zufrieden“, verriet er.

Bester Deutscher bei den Stehern wurde Marco Maier (SV Kirchzarten) als Sechster (20:25.9 Minuten, zwei Fehler). „Der Auftakt war in Ordnung. Das Schießen hätte besser laufen können. Aber es ist ja gut, wenn es noch Dinge zu verbessern gibt“, bilanzierte er. Sein 18-jähriger Vereinskamerad Max Long kam bei seinem Weltcup-Debüt in 25:13.5 Minuten auf den 21. Platz. Nach einem fehlerlosen ersten Schießen verfehlte er beim zweiten viermal das Ziel. „Da habe ich mich nach den guten ersten beiden Runden rausgeschossen“, sagte er.

Ralf Rombach führte es auf die hohe Intensität im Rennen zurück und ordnete das Resultat korrekt ein. „Es ist völlig normal, am Anfang noch etwas Lehrgeld zu zahlen.“ Das gilt ähnlich für den 21-jährigen Lennart Volkert (PSV München), der mit seinem Guide Michael Huhn (Ersatz für den kranken Nils Kolb) bei den Männern mit Sehbeeinträchtigung fünfmal in die Strafrunde musste und in 23:54.5 Minuten Elfter wurde. Auch Volkert war unmittelbar vor Vuokatti krank gewesen, auch er war läuferisch nicht schlecht unterwegs, fand aber am Schießstand nicht zu seinem Rhythmus.

„Mit fünf Fehler gewinnst du natürlich nichts. Ich hoffe, in kann das am Wochenende besser machen“, sagte er und richtete damit den Blick nach vorn. Am Samstag steht in Vuokatti das Biathlon-Einzelrennen über 12,5 Kilometer auf dem Programm, am Sonntag die Sprint-Verfolgung.

Foto: Ralf Rombach

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