Nordische Ski-WM 2025, Para Sprint (klassisch)
Vor den Augen der Königsfamilie
Anja Wicker und Leonie Walter gewinnen vor phantastischer Kulisse in Trondheim Bronze. Sebastian Marburger geht bei wechselhaften Bedingungen überraschend leer aus.

Auf den Tribünen standen die Menschen wie begossene Pudel da, doch sie trotzten gut gelaunt dem Regen. Tausende Zuschauerinnen und Zuschauer im Trondheimer Granåsen skisenter – darunter die norwegische Königsfamilie – haben die Para Sprint-Entscheidung bei der nordischen Ski-WM zu einem unvergesslichen Erlebnis für die teilnehmenden Athletinnen und Athleten gemacht. In der Pause zwischen der Qualifikation und dem Finale im Team-Sprint der Nicht-Behinderten sorgte das Publikum bei den erstmalig inklusiven Weltmeisterschaften für eine Atmosphäre, die den Leistungen der Para Sportlerinnen und Sportlern würdig war. „Sie haben den Lautsprecher voll aufgedreht. Ich hatte ein Rauschen im Ohr“, berichtete Anja Wicker (MTV Stuttgart).
Aus sportlicher Sicht war der Finaltag für das deutsche Team nicht ganz so unvergesslich wie erhofft. Je eine Bronzemedaille für Wicker und Leonie Walter (SC St. Peter) und deren Guide Christian Krasman sprangen heraus. „Wir sind unter unseren Möglichkeiten geblieben“, sagte der Bundestrainer Ralf Rombach. Woran es gelegen hat, vermochte er direkt nach den Rennen nicht zu sagen. „Das müssen wir erstmal analysieren.“ Fakt ist: nach den Vorleistungen hatten sich Anja Wicker bei den Frauen sitzend und Sebastian Marburger (SK Wunderthausen) bei den Männern stehend etwas mehr erhofft. Wicker musste bei sehr nassen Bedingungen am Ende ihres Rennens die Koreanerin und spätere Weltmeisterin Yunji Kim davoneilen lassen, auf der Zielgerade zog auch Kendall Gretsch (USA) vorbei. Marburger, der beide Klassik-Sprints der bisherigen Weltcup-Saison gewonnen hatte, verlor nach vielversprechendem Beginn im zweiten Rennabschnitt viel Zeit und wurde Fünfter. Gold ging an Karl Tabouret (Frankreich) vor Taiki Kawayoke (Japan) und Benjamin Daviet (Frankreich).
Leonie Walter im deutschen Duell vorn
Bei den Frauen mit Sehbeeinträchtigung wurde es das erwartete Duell zwischen der Österreicherin Carina Edlinger und der Tschechin Simona Bubenickova – mit dem besseren Ende für Edlinger, die in der letzten Kurve vor der Zielgerade die Konkurrentin passierte und zum Titel sprintete. Die beiden Deutschen im Finale, Leonie Walter und Linn Kazmaier (SZ Römerstein, mit Guide Florian Baumann) lieferten sich dahinter einen Zweikampf um Bronze, bei dem Walter letztlich fünf Sekunden Vorsprung ins Ziel brachte – mit einem „richtig coolen Gefühl“, wie sie im Interview mit der Sportschau verriet.
Für Kazmaier blieb – genau wie für Merle Menje bei den Frauen sitzend – der vermeintlich undankbare vierte Platz. Für beide war dieser aber durchaus positiv einzuschätzen. Kazmaier, die in diesem Winter nur wenige Wettkämpfe hatte laufen können, trug schon nach dem Finaleinzug ein glückseliges Lächeln im Gesicht, Menje holte ihr bislang bestes Ergebnis bei einer Para Skilanglauf-WM.
Sechs der ursprünglich elf deutschen Starterinnen und Starter schafften es nicht ins Finale. Kathrin Marchand (SV Kirchzarten) stürzte in ihrem Halbfinale bei den Frauen stehend auf Finalkurs liegend nach einer Abfahrt und wurde Gesamt-Neunte, Johanna Recktenwald (Biathlon-Team Saarland, mit Guide Robin Wunderle) schied bei den Frauen mit Sehbeeinträchtigung als Dritte ihres Halbfinallaufs aus, Lennart Volkert (PSV München, mit Guide Nils Kolb) und Theo Bold (WSV Isny, mit Guide und Bruder Jakob Bold) kamen in ihren Semifinals bei den Männern mit Sehbeeinträchtigung jeweils auf den vierten Platz.
Für beide Youngster war aber schon die Prolog-Leistung am Dienstag ein Aha-Erlebnis gewesen. Volkert war über seine erstmals überstandene Qualifikation bei einem Klassik-Sprint sehr glücklich, Theo Bold beendete den Prolog als herausragender Dritter. „Die Quali war grandios aus unserer Sicht. Die Ansage war, dass wir von Anfang an Vollgas geben. Das haben wir gemacht“, sagte er.
Maier und Messinger scheitern an Bedingungen
Weniger gut lief der Qualifikationstag für Marco Maier (SV Kirchzarten) und Nico Messinger (Ring der Körperbehinderten Freiburg, mit Guide Christian Winker), die es beide nicht in die nächste Runde schafften. „Die Bedingungen waren wegen des vielen Schnees und der schlechten Spuren wahnsinnig schwierig. Marco und Nico leben beide von der Kraft. Sie sind untergegangen, weil sie ihre Pace nicht auf den Tisch bringen konnten“, sagte der Bundestrainer Ralf Rombach. Der frustrierte Marco Maier erklärte: „Ich glaube, ich hatte schon lange kein so schlechtes Rennen mehr. Da gibt es nichts zum Schönreden.“
Die Chance, den Auftritt vergessen zu machen, hat er von diesem Samstag an. Dann ist Maier einer von acht deutschen Athletinnen und Athleten (plus fünf Guides) beim IBU-Weltcup-Finale im Para Biathlon im schwedischen Torsby; die Langlauf-Spezialkräfte Merle Menje, Kathrin Marchand, Sebastian Marburger und Theo Bold werden dann nicht dabei sein, Max Long (SV Kirchzarten) hingegen dazustoßen. Für die beiden Medaillengewinnerin des Mittwochs, Anja Wicker und Leonie Walter, stehen die Chancen auf den Gewinn des Gesamtweltcups gut. Beide führen derzeit die Wertung in ihren Klassen an.
Das deutsche Aufgebot fürs Para Biathlon-Weltcupfinale in Torsby (Name, Alter, Geburtsort, Verein):
Frauen mit Sehbehinderungen: Linn Kazmaier (18 / Nürtingen / SZ Römerstein, Guide: Florian Baumann / 23 / Nürtingen / SZ Uhingen), Johanna Recktenwald (23 / St. Wendel / Biathlon-Team Saarland, Guide: Emily Weiß / 21 / Freiburg / SV Kirchzarten, Leonie Walter (21 / Freiburg / SC St. Peter, Guide: Christian Krasman / 23 / Stühlingen / Ski-Club Schönwald)
Frauen sitzend: Anja Wicker (33 / Stuttgart / MTV Stuttgart)
Männer mit Sehbehinderungen: Nico Messinger (30 / Freiburg / Ring der Körperbehinderten Freiburg, Guide: Robin Wunderle / 26 / Freiburg / SC Todtnau), Lennart Volkert (21 / Berlin / PSV München, Guide: Nils Kolb / 22 / Freiburg / SV Kirchzarten)
Männer stehend: Max Long (18 / Rottweil / SV Kirchzarten), Marco Maier (25 / Oberstdorf / SV Kirchzarten)
Der Zeitplan für Torsby:
Samstag, 8. März: Sprint (7,5 km)
Sonntag, 9. März: Einzelrennen (12,5 km)
Dienstag, 11. März: Sprint Verfolgung (Qualifikation und Finale, jeweils 2,4 km für sitzende Klasse und 3,6 km für stehende Klasse/Sehbeeinträchtigte)
Foto: Christian Bruna/VOIGT